Der optimale Arzttermin: Ein Gespräch, das Patient*in und Ärzt*in wirklich weiterbringt

Ein Termin bei der Ärzt*in kann herausfordernd sein – gerade, wenn du mit Lupus lebst. Du kennst sicherlich das Gefühl: Du hast viele Fragen, gehst mit Sorgen zum Arzttermin, doch für das Gespräch mit der Ärzt*in bleibt kaum Zeit, und du bist am Ende noch unsicherer als vorher. Dabei ist gerade dieser Termin so wichtig: Er kann dir Orientierung geben, dir Sicherheit schenken, dich stärken und dir helfen, deinen Weg mit Lupus selbstbewusst zu gehen.

In diesem Artikel findest du deshalb Informationen, die dir helfen sollen, deinen nächsten Arztbesuch gut vorbereitet anzugehen. Damit du dich ernst genommen und verstanden fühlst, deine Anliegen klar rüberkommen und medizinische Entscheidungen wirklich gemeinsam getroffen werden können. Die folgenden Anregungen und Tipps basieren auf einem gemeinsamen Vortrag von Dr. Isabell Haase und Bekki auf dem Lupustag 2024, bei dem sie ihre Erfahrungen teilten.

Lupus-Website Icon Doktor

Gemeinsam entscheiden: Shared Decision Making

Lupus ist komplex, und jeder Krankheitsverlauf ist individuell. Darum ist es wichtig, dass du und deine Ärzt*in als Team zusammenarbeitet. Das nennt sich Shared Decision Making, also gemeinsame Entscheidungsfindung. Dabei bringst du deine Erfahrungen, Symptome, Lebensumstände ein, und deine Ärzt*in das medizinische Wissen. So entsteht ein echter Dialog auf Augenhöhe. Trau dich, auch deine Erwartungen auszusprechen, und mach deutlich, was du dir von dem Termin erhoffst. Ein klarer Austausch ist wichtig. Denn nur so könnt ihr gemeinsam sinnvolle und erreichbare Ziele festlegen. 

Wie wichtig Shared Decision Making ist, zeigt die Erfahrung von Bekki, die selbst von Lupus betroffen ist. Sie hat zwei schwierige Arzttermine hinter sich und weiß heute, was ihr vielleicht hätte helfen können, das Beste aus den Terminen zu machen: Beim ersten Termin hatte sie starke, schlimme Symptome und ziemlich große Angst. Um nichts zu vergessen, hatte sie sich zuvor all ihre Symptome notiert. Obwohl der Arzt sie gründlich untersuchte, waren alle Ergebnisse unauffällig. „Ich habe gedacht: Okay, also kann mir jetzt nicht geholfen werden. Ich war dann irgendwie ein bisschen verzweifelt.“

Beim zweiten Termin ging es um eine Umstellung ihrer Medikamente. Bekki hatte bereits einen persönlichen Favoriten und war davon ausgegangen, dass ihr Arzt das gleiche Medikament favorisieren würde. Stattdessen empfahl er überraschend ein anderes. Darauf war Bekki nicht vorbereitet – und fühlte sich entsprechend überfordert. „Ich war frustriert und habe mich auch geärgert, dass ich nicht besser für mich einstehen konnte.“ Am Ende traute sie sich nicht, für ihr bevorzugtes Medikament zu argumentieren – auch weil es teurer war. „Ich bin dann mit dem Rezept nach Hause gegangen, das ich eigentlich nicht wollte, und war auch frustriert, weil ich meine eigenen Bedürfnisse nicht klarer kommuniziert habe.“ 

Solche Erfahrungen sind kein Einzelfall, weiß Dr. Isabel Haase: Rund 39 % der Patient*innen befürchten Einschränkungen bei der Behandlung, wenn sie ihre Rechte wahrnehmen.

Jede fünfte Patient*in spricht selten oder nie mit der Ärzt*in über die Vor- und Nachteile verschiedener Untersuchungen und Therapien. Viele suchen sich – mehr oder weniger verständliche und verlässliche – Informationen lieber im Internet, weil das Arztgespräch allein oft nicht ausreicht, um alle Fragen zu klären: „Das ist eine ganz große Lücke im vertrauensvollen Ärzt*innen-Patient*innen-Verhältnis und in der Kommunikation.“ Es ist jedoch wichtig, dass Ärzt*innen eine verlässliche Anlaufstelle bleiben. Daneben sollten sich Patient*innen selbst zusätzliches Wissen aus guten und verlässlichen Quellen aneignen – zum Beispiel über Lupuscheck.de oder den LupusCampus. Wer gut informiert ins Gespräch geht, fühlt sich sicherer und kann seine Bedürfnisse klarer formulieren. Auch wenn Ärzt*innen die zentralen Informationspartner*innen bleiben: Eine gute Vorbereitung stärkt die gemeinsame Entscheidungsfindung und fördert ein vertrauensvolles Verhältnis. Denn nur wenn Informationen ausgetauscht werden, lassen sich unnötige Untersuchungen vermeiden, notwendige besser begründen und die passenden Therapien finden. 

Shared Decision Making setzt genau hier an. Es geht um eine Partnerschaft, und wie jede Partnerschaft braucht auch diese Vertrauen, gegenseitige Nachsicht und klare Absprachen. Beide Seiten müssen Verantwortung für die Beziehung übernehmen. Die Aufgabe der Ärzt*in ist es, Ziele und Prioritäten nicht vorzuschreiben und „aufzudrücken“, sondern gemeinsam mit dir zu entwickeln. Wenn klar ist, welche Optionen eine bestimmte Therapie bietet, kannst du besser entscheiden, was dir wichtig ist.

Auch die aktuellen Lupus-Leitlinien betonen, dass Shared Decision Making eine wichtige Basis für das gemeinsame Lupus-Management ist. Für jede Entscheidung muss auch die Perspektive und die Präferenz der Patient*in berücksichtigt werden. Eine gute Patient*innenschulung – wie zum Beispiel auf dem LupusCampus – ist eine Grundvoraussetzung dafür, dass Betroffene ihre Krankheit und das (Selbst-)Management so gut verstehen, dass sie auf Augenhöhe mitentscheiden können.  

Vorbereitung: So gehst du mit einem sicheren Gefühl in den Termin

Ein guter Arzttermin beginnt nicht erst im Wartezimmer, sondern schon davor. Wenn du dir im Vorfeld etwas Zeit nimmst, kannst du das Gespräch entspannter und für dich zufriedenstellender gestalten und deine eigenen Bedürfnisse stärker einbringen. Bei der Vorbereitung können dich die folgenden vier Punkte unterstützen: 

 

Icon Zielscheibe

1. Ziel definieren.
Mach dir klar: Was ist das Ziel deines nächsten Termins? Was willst du besprechen? Neue Symptome? Eine Therapieänderung? Kontroll- oder Vorsorgetermin? Stehen bestimmte Untersuchungen an? Schreib 2–3 Hauptpunkte auf.

 

Icon Aktenordner

2. Unterlagen sammeln.
Alles, was deiner Ärzt*in hilft, ein vollständiges Bild zu bekommen, ist wertvoll. Pack deine aktuellen Befunde ein, eine Medikamentenliste und ggf. Fotos bei Haut- oder Gelenkbeschwerden. Auch kurze Notizen zu Schlaf, Energielevel, Belastbarkeit oder Schüben können wertvolle Hinweise geben. Im Idealfall hast du einen Ordner mit allen wichtigen Krankheitsunterlagen und führst ein Symptomtagebuch.

Icon Fragezeichen

3. Fragen priorisieren.
Schreibe alle Fragen auf, die dir durch den Kopf gehen, und markiere dann die Top drei, die dir am wichtigsten sind. So stellst du sicher, dass das, was dich gerade wirklich beschäftigt, im Gespräch nicht untergeht. Und denk daran: Die Qualität der Fragen bestimmt auch immer die Qualität der Antworten. Überlege, wie du deine Fragen formulierst, damit sie schnell und gut beantwortet werden können.

Icon Zwei Menschen im Gespräch


4. Eine Begleitung erwägen.

Falls du dich unsicher fühlst: Nimm eine vertraute Person mit. Vier Ohren hören mehr als zwei. Deine Begleitung kann mitdenken, und im Nachgang könnt ihr noch mal über den Gesprächsverlauf und die Ergebnisse sprechen.

Lupuscheck Icon wichtige Informationen

Priorisiere deine Fragen: Was ist dir am wichtigsten? So stellst du sicher, dass das Wesentliche auch wirklich besprochen wird.

Während des Termins: Klar und offen sprechen

Arzt spricht mit Patientin

Sprich gleich zu Beginn deine Ziele für den betreffenden Besuch an. Zum Beispiel: „Ich bin noch immer nicht in Remission und möchte deshalb meine Lupus-Medikamention verändern. Ich habe heute drei Punkte, die ich gerne besprechen würde.“ So kann deine Ärzt*in sich die Zeit gut einteilen. Sei offen, klar und ehrlich, auch wenn dir etwas unangenehm ist oder du unsicher bist. Und wenn du etwas nicht verstanden hast, frag nach. Du hast jedes Recht, deine Behandlung zu verstehen. Damit auch deine Ärzt*in dich gut versteht, versuche deine Beschwerden und Anliegen so klar und kurz wie möglich zu formulieren.

Wenn du vor dem Termin im Internet recherchiert hast, behalte im Hinterkopf, dass es gute und weniger gute Quellen gibt. Bring die gefundenen Informationen ruhig mit, um sie gemeinsam mit deiner Ärzt*in einzuordnen, und frag nach Empfehlungen für verlässliche Quellen.

Wiederhole im Gespräch die wichtigsten Punkte noch einmal in deinen Worten, um sicherzugehen, dass du alles richtig verstanden hast. Bevor du am Ende aufstehst und das Sprechzimmer verlässt, nimm dir einen Moment Zeit. Frage dich: Weiß ich jetzt eigentlich, wie es konkret weitergeht? Was die nächsten Schritte sind? Falls nicht, trau dich, noch einmal nachzufragen. Dein Termin gehört dir, und es ist wichtig, dass du dich gut begleitet und sicher fühlst, wenn du zur Tür hinausgehst.

Lupuscheck Icon wichtige Informationen

Notier dir stichwortartig die wichtigsten Antworten oder Empfehlungen, oder bitte deine Begleitperson darum. So hast du zu Hause alles griffbereit.

Nach dem Termin: Dranbleiben lohnt sich

Nachdenkliche Frau am Schreibtisch

Der Arzttermin endet nicht mit dem Verlassen der Praxis – im Gegenteil: Jetzt beginnt die Nachbereitung, die dir hilft, den Überblick zu behalten und deine Lupus-Therapie aktiv zu begleiten.

  1. Reflektieren: Nimm dir einen Moment Zeit, um dein Gespräch mit der Ärzt*in Revue passieren zu lassen. Wurde dein wichtigstes Anliegen besprochen? Weißt du, welche nächsten Schritte anstehen – etwa weitere Untersuchungen, neue Medikamente oder zusätzliche Termine? Falls etwas unklar geblieben ist, notiere dir die offenen Punkte, damit du telefonisch oder beim nächsten Termin gezielt nachfragen kannst.

  2. Dokumentieren: Hilfreich ist es auch, sich im Alltag immer wieder Notizen zu machen: Symptome, Veränderungen, Gedanken oder Fragen, die zwischendurch auftauchen. Ein Symptomtagebuch kann hier ein wertvolles Werkzeug sein, das es dir beim nächsten Arztgespräch leichter macht, ein klares Bild zu vermitteln. Außerdem: Oft zeigt sich erst nach dem Termin, dass noch Befunde fehlen oder weitere Unterlagen hilfreich wären. Besorge diese in Ruhe und bring sie zum nächsten Gespräch mit. 

Ganz wichtig: Geh mit realistischen Erwartungen in dein Arztgespräch. Nicht immer lassen sich alle Anliegen bei einem einzigen Termin vollständig klären. Wenn auf deiner Liste allerdings noch viele Punkte offen sind, solltest du das offen ansprechen. Häufig lässt sich ein weiterer und längerer Termin vereinbaren, bei dem dann alles in Ruhe besprochen werden kann.

Fazit: Dein Arzttermin ist mehr als Routine

Mit der richtigen Vorbereitung, ehrlicher Kommunikation und einem klaren Ziel wird dein Arzttermin zu dem, was er sein sollte: ein Gespräch, in dem du gehört, ernst genommen und gestärkt wirst. Und auch für deine Ärzt*innen macht deine gute Vorbereitung einen großen Unterschied. Wenn sie wissen, wie es dir geht, was dir wichtig ist, welche Sorgen dich begleiten und welche Fragen dir auf dem Herzen liegen, können sie viel besser auf dich eingehen und gemeinsam mit dir Entscheidungen treffen.

Das Wichtigste auf einen Blick:

  • Baue eine partnerschaftliche Beziehung zu deiner Rheumatolog*in und deinen übrigen Ärzt*innen auf.
  • Entscheidungen gelingen am besten, wenn beide Seiten Verantwortung übernehmen.
  • Bestehe auf einer leitliniengerechten Therapie – du hast ein Recht darauf.
  • Bring ein, was du selbst tun kannst. 
  • Werde zur Expert*in für deine Lupus-Erkrankung. 

Tipp: Auf lupuscheck.de findest du den Vortrag von 2024 mit Frau Dr. Isabell Haase und das Gespräch mit Bekki – schau gerne einmal vorbei.

Wir bedanken uns bei Dr. med. Isabell Haase, Universität Düsseldorf, für die Unterstützung bei der Erstellung dieses Kapitels.

NP-DE-LPU-WCNT-250055; 11/2025

Die LupusCheck-Expert*innen

Das LupusCheck Expertenteam

Dr. med. Johanna Mucke
Oberärztin,
Rheumazentrum Ruhrgebiet, Herne

Das LupusCheck Expertenteam

PD Dr. med. Johannes Knitza
Oberarzt,
Universitätsklinikum Gießen & Marburg

Das LupusCheck Expertenteam

Dr. Carolin Tillmann
Institut für Erziehungswissenschaft
Arbeitsbereich Sozial- und
Rehabilitationspädagogik,
Philipps-Universität Marburg

Das LupusCheck Expertenteam

PD Dr. med. Martin Krusche
Oberarzt,
Universitätsklinikum 
Hamburg-Eppendorf
 

Das LupusCheck Expertenteam

Prof. Dr. med. Julia Weinmann-Menke
Leiterin des Schwerpunkts Nephrologie
und Nierentransplantation,
Johannes Gutenberg-Universität Mainz