EULAR-Empfehlungen zum SLE-Management

Auf Grundlage der EULAR-Empfehlungen von 2019 hat eine internationale Expert*innengruppe alle neuen wissenschaftlichen Veröffentlichungen ausgewertet und daraus konkrete Empfehlungen entwickelt und abgestimmt. Für jede Empfehlung gab es ein festgelegtes Abstimmungsverfahren. Außerdem wurde für jeden Aspekt festgelegt, wie stark die Evidenz (Aussagekraft) ist und mit welcher Stärke die Empfehlung gegeben wird. Zu allen Empfehlungsinhalten musste jedes Mitglied der Gruppe schließlich seine Zustimmung geben.

Übergeordnete Prinzipien

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Die übergeordneten Prinzipien der EULAR-Leitlinie sind kein „Nice to have“. Sie sind enorm wichtig für alle Lupus-Betroffenen – also auch für dich.

Es wurden insgesamt fünf übergeordnete Prinzipien festgelegt. Das heißt, diese Prinzipien sollten immer und bei jeder Patient*in befolgt werden. Sie geben dem Lupus-Management ein allgemeingültiges Gerüst der Versorgungsqualität und stecken den Rahmen für die Zusammenarbeit und Absprachen mit der Ärzt*in ab. Insbesondere diese fünf Prinzipen stärken deine Position als Patient*in massiv. Es ist dein gutes Recht, nach diesen Prinzipien behandelt zu werden. Sie halten unter anderem Folgendes fest:

Klicke dich hier durch zentrale Aspekte der fünf übergeordneten EULAR-Prinzipien

Wenn Du die fünf übergeordneten Prinzipien in der Formulierung der Leitlinienkommission nachlesen möchtest – bitte beachte: es wird etwas fachlich –, kannst du sie mit einem Klick öffnen:

  • 5 Prinzipien im Detail

    1. Der systemische Lupus erythematodes (SLE) erfordert ein multidisziplinäres, individualisiertes Management mit Patienten-Schulung und partizipativer Entscheidungsfindung (SDM = Shared Decision-Making) unter Berücksichtigung der Kosten für Patient und Gesellschaft.
    2. Die SLE-Krankheitsaktivität sollte bei jedem Besuch (Häufigkeit gemäß ärztlicher Einschätzung) bewertet werden sowie Organschäden zumindest jährlich, jeweils unter Nutzung validierter Instrumente.
    3. Nicht-pharmakologische Maßnahmen, einschließlich Sonnenschutz, Raucherentwöhnung, gesunder, ausgewogener Ernährung, regelmäßiger Bewegung und Maßnahmen zum Knochenschutz, sind wichtig zur Verbesserung der langfristigen Outcomes.
    4. Pharmakologische Interventionen basieren auf den Patientencharakteristika, Typ und Schwere der Organbeteiligungen, Therapie-assoziierten Beeinträchtigungen, Komorbiditäten, Risiko für zunehmende Organschäden und Patienten-Präferenzen.
    5. Eine frühe SLE-Diagnose (einschließlich Labor), regelmäßiges Screening auf Organbeteiligungen (insbesondere der Nieren), der sofortige Therapiebeginn mit dem Ziel der Remission (oder niedriger Krankheitsaktivität, falls Remission unerreichbar) und die strikte Einnahme der Medikamente sind essenziell, um Schübe und Organschäden vorzubeugen, die Prognose zu verbessern und die Lebensqualität zu steigern.

Konkrete Empfehlungen zur Umsetzung der EULAR-Leitlinien

Wir geben dir hier einen Überblick zu den wichtigsten Empfehlungen der EULAR zum Lupus-Management, ohne näher auf Medikamente einzugehen. Welche Medikamente für deinen eigenen Lupus infrage kommen, welche ausgewählt werden (oder auch verändert werden), musst du immer mit deiner Ärzt*in abstimmen.

  • Antimalariamittel für jeden Menschen mit Lupus

    Hydroxychloroquin wird für alle Patient*innen empfohlen, sofern keine Gegenanzeigen (z. B. Unverträglichkeit) bestehen. Die Zieldosis beträgt 5 mg pro kg Körpergewicht – bei einem Körpergewicht von 60 kg wären das also 300 mg pro Tag. Dabei ist individuell das Risiko für Schübe und mögliche Nebenwirkungen an den Augen zu berücksichtigen. Wegen ihrer wichtigen nachgewiesenen positiven Effekte auf den Lupus-Verlauf sind Antimalariamittel der Eckpfeiler der Lupus-Therapie.

  • Kortison in der Dauertherapie: nach Möglichkeit maximal 5 mg pro Tag

    Kortison (Glukokortikoide) wird nur gegeben, wenn es nötig ist. Es wird nach Typ und Schweregrad der Organbeteiligungen dosiert, auf eine Erhaltungsdosis von maximal 5 mg/Tag (sog. Prednison-Äquivalent) reduziert und sollte, sobald vertretbar, wieder komplett abgesetzt werden. Bei schwereren Erkrankungen können intravenöse Kortison-Pulsgaben (125–1000 mg pro Tag für 1–3 Tage) in Betracht gezogen werden. Aufgrund der zahlreichen ernsthaften langfristigen Schäden durch Kortison gilt hier: so viel wie nötig und so wenig wie möglich.

  • Gegebenenfalls zusätzlich Immunsuppressiva oder Biologika

    Bei Patient*innen, die nicht auf ein Antimalariamittel (allein oder in Kombination mit Kortison) ansprechen oder mehr als 5 mg Kortison pro Tag brauchen, sollte die zusätzliche Gabe weiterer Medikamente erwogen werden. Dabei kann man sich – ohne eine bestimmte Reihenfolge einzuhalten – für Immunsuppressiva (z. B. Methotrexat, Azathioprin oder Mycophenolat) und/oder für Biologika entscheiden.

  • Intensive Therapie bei bedrohlichem Krankheitsverlauf

    Bei Patient*innen mit einem Krankheitsverlauf, der die Organe akut gefährdet oder lebensbedrohlich ist, können stärkere Medikamente wie z. B. intravenös verabreichtes Cyclophosphamid erwogen werden.

  • Bei aktiver Hautbeteiligungen vor allem lokale Behandlung sowie Antimalariamittel und ggf. Kortison

    Die Behandlung aktiver Hauterkrankungen sollte topische Wirkstoffe (z. B. Kortisoncreme), Antimalariamittel und/oder bedarfsorientiert Kortisontabletten enthalten. Als Zweitlinientherapie können Biologika oder Immunsuppressiva ergänzt werden. Mehr über den kutanen, also Haut-Lupus liest du hier.

  • Spezifische Therapie des aktiven ZNS-Lupus (NPSLE)

    Der „neuropsychiatrische systemische Lupus erythematodes“ (NPSLE) betrifft insbesondere das zentrale Nervensystem (ZNS) und das periphere Nervensystem (alle Nerven außerhalb von Gehirn und Rückenmark) und geht auch mit psychiatrischen Symptomen einher. Bei einer neuropsychiatrischen Erkrankung eines Menschen mit Lupus muss erst einmal festgestellt werden, was die Ursache ist. Sind die Symptome auf den Lupus zurückzuführen, wird entzündungshemmend behandelt, und zwar mit Kortison und Immunsuppressiva. Die Ursache kann aber auch im Gerinnungssystem liegen (z. B. Blutgerinnsel, Antiphospholipid-Syndrom) – dann muss gerinnungshemmend behandelt werden.

  • Therapie eines schweren akuten Mangels an Blutplättchen

    Bei diesem Punkt wird es sehr medizinisch. Sollte dieser Mangel auftreten, wird deine Ärzt*in die Behandlung genau mit dir abstimmen.

  • Akuttherapie bei einer aktiven Nierenbeteiligung

    Hierbei geht es um eine aktive, akute Lupusnephritis (LN =Nierenbeteiligung, d. h. eine lupusbedingte Nierenentzündung) der Klassen 3, 4 und/oder 5. Hier wird intensiv und früh therapiert, um die Nieren bestmöglich zu schützen – mit einem Zweifach- oder Dreifachregime (das bedeutet, dass Medikamente zweier oder dreier Wirkstoffklassen eingesetzt werden). Es wird so gut wie immer entweder Mycophenolat oder Cyclophosphamid zusammen mit Kortison gegeben (intravenöse Pulsgaben, also hohe Dosierung direkt zu Beginn), dann werden Tabletten eingesetzt, deren Dosis möglichst schnell reduziert werden sollte. Für eine noch intensivere Therapie kann man von Anfang an noch ein drittes Medikament dazugeben (Dreifachregime).

  • Langzeittherapie einer aktiven Nierenbeteiligung

    Der Erfolg der Akuttherapie (siehe den Punkt davor) einer Lupusnephritis (LN) wird vor allem anhand der Eiweißausscheidung (Proteinurie) und der Nierenfunktion (GFR) bewertet. Wenn die Nieren auf die Akuttherapie angesprochen haben, sollte die LN-Therapie für mindestens 3 Jahre fortgeführt werden, um die Nieren langfristig zu stabilisieren. Dabei sollte die zu Beginn gewählte Medikamentenkombination (auch Kombinationsregime genannt – hier sind es 2 oder 3 Medikamente und möglichst wenig Kortison) möglichst beibehalten werden. Falls zu Beginn Cyclophosphamid gegeben wurde, sollte dieser Therapiebaustein gegen ein anderes Medikament ausgetauscht werden.

  • Lupusnephritistherapie bei hohem Risiko für ein Nierenversagen

    An dieser Stelle wird es sehr medizinisch. Ist ein solches Risiko gegeben, wird deine Ärzt*in die Behandlung sehr genau mit dir abstimmen.

  • Bei erreichter Symptomfreiheit zuerst das Kortison ausschleichen

    Haben Patient*innen eine stabile, dauerhafte Remission (Symptomfreiheit) erreicht, kann versucht werden, die Medikamente langsam auszuschleichen: zuerst das Kortison, dann ggf. andere Medikamente. Das Antimalariamittel wird nur abgesetzt, wenn inakzeptable Nebenwirkungen dazu zwingen. Wo immer möglich, bleibt das Antimalariamittel die dauerhafte Basistherapie. Lag eine aktive Lupusnephritis (Entzündung der Nieren) vor, sollte frühestens nach 3–5 Jahren Therapie und mindestens 2-jähriger Remission versucht werden, die immunsuppressiven Medikamente auszuschleichen.

  • SLE mit Thrombosen bei Antiphospholipid-Syndrom (APS)

    An diesem Punkt wird es sehr medizinisch. Sollte dieses Syndrom auftreten, wird deine Ärzt*in die Behandlung genau mit dir abstimmen. Es werden verschiedene Medikamente zum Einsatz kommen, die die Blutgerinnung hemmen. Mehr über das Antiphospholipid-Syndrom erfährst du hier.

  • Infektionsschutz, Knochenschutz und weitere Maßnahmen

    In dieser letzten Empfehlung geht es um das Management von Begleiterkrankungen und Risikofaktoren, die Menschen mit Lupus beachten sollten. Als Lupus-Betroffene*r musst du dich noch mehr als gesunde Menschen vor weiteren Infektionen und Krankheiten schützen. Dazu gehören ein guter Impfschutz zur Vorbeugung vor Infektionskrankheiten wie Herpes zoster (Gürtelrose) und COVID-19 sowie Impfungen gegen HPV und Pneumokokken. Teil der Therapiestrategie ist auch, auf die Knochengesundheit, den Nierenschutz und das Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen zu achten – sowie ganz grundsätzlich Infektionen früh zu erkennen und schnell zu behandeln.

NP-DE-LPU-WCNT-240022, 11/2025

Die LupusCheck-Expert*innen

Das LupusCheck Expertenteam

Dr. med. Johanna Mucke
Oberärztin,
Rheumazentrum Ruhrgebiet, Herne

Das LupusCheck Expertenteam

PD Dr. med. Johannes Knitza
Oberarzt,
Universitätsklinikum Gießen & Marburg

Das LupusCheck Expertenteam

Dr. Carolin Tillmann
Institut für Erziehungswissenschaft
Arbeitsbereich Sozial- und
Rehabilitationspädagogik,
Philipps-Universität Marburg

Das LupusCheck Expertenteam

PD Dr. med. Martin Krusche
Oberarzt,
Universitätsklinikum 
Hamburg-Eppendorf
 

Das LupusCheck Expertenteam

Prof. Dr. med. Julia Weinmann-Menke
Leiterin des Schwerpunkts Nephrologie
und Nierentransplantation,
Johannes Gutenberg-Universität Mainz