Mehr Infos zu Kortison

Kortison-Präparate (Glukokortikoide) sind in der Lupus-Therapie gleichzeitig „Fluch und Segen“. Segen, weil sie zuverlässig und schnell wirken, und Fluch, weil ihre mittel- und langfristigen Nebenwirkungen zu den größten Gefahren für Menschen mit Lupus gehören. Sie werden seit den 1950er Jahren beim SLE eingesetzt und sind offiziell dafür zugelassen. 

Wirkung

Natürliche Glukokortikoide sind Steroid-Hormone, die in unserem Körper hergestellt werden und zwar in der Nebennierenrinde. Sie spielen unter anderem eine Rolle im Glukose-, also Zucker-Stoffwechsel, im Wasser- und Elektrolyt-Haushalt des Körpers und beeinflussen das Herz-Kreislauf- und das Nerven-System. Außerdem haben sie entzündungshemmende Effekte und unterdrücken Immunreaktionen des Körpers („immunsuppressiv“). Letzteres sind genau die Effekte, die man beim Lupus therapeutisch nutzt.

In der Medizin werden künstliche Steroid-Hormone eingesetzt – meist als Tabletten, bei einigen Hauterscheinungen als Creme und in akuten Situationen auch hochdosiert als Spritze. Dabei wird vor allem der rasch einsetzende entzündungshemmende Effekt gewünscht, der schnell die Beschwerden der Patient*innen – wie beispielsweise Schmerzen – lindert.

Schwangerschaft

Kortison-Präparate können in der Schwangerschaft gegeben werden, falls dies erforderlich ist. Auch hier sollte eine Dosis von 5 mg/Tag dauerhaft nicht überschritten werden. Im Fall von Lupus-Schüben können vorübergehend auch hohe Dosierungen über die Vene gegeben werden. Insgesamt ist die wichtigste Voraussetzung aber, dass man eine Schwangerschaft gründlich vorbereitet, die Lupus-Aktivität so gut wie möglich zur Ruhe bringt und die Patientin vor der Schwangerschaft auf Medikamente umstellt, die für Mutter und Kind ungefährlich sind und in der Schwangerschaft gegeben werden dürfen. Meist sind dann auch nur eher niedrige Kortison-Dosierungen nötig oder man kann es ganz absetzen.

Dosierung + Gabe

Die Dosis dieser Medikamente – Creme, Tabletten oder Spritze – richtet sich immer nach der aktuellen Situation der Patient*in, nach den Lupus-Organbeteiligungen und der Ausprägung der Krankheitsaktivität. Während zu Beginn zum Teil sehr hohe Dosierungen gegeben werden, versucht man immer, es schnell wieder zu reduzieren, um eine Dauerdosis von maximal 5 Milligramm Prednisolon pro Tag zu erreichen oder sie bestenfalls wieder ganz abzusetzen – siehe unten.

Mögliche Nebenwirkungen

Die Vielzahl der oben beschriebenen Wirkungen von Kortison bedingt, dass es auch eine Vielzahl von möglichen Nebenwirkungen gibt. Diese Medikamente sind also nicht spezifisch und zielgerichtet, sondern haben diverse Effekte auf den Körper. Man muss immer eine Balance finden zwischen den gewünschten Effekten (der bezweckten Wirkung) und den unerwünschten Effekten (den Nebenwirkungen). Dabei spielen die Dauer der Gabe und vor allem die Dosis eine entscheidende Rolle. Als kritische Schwelle für den Dauereinsatz gilt heutzutage meist eine Tagesdosis von 5 mg – das hat mit der körpereigenen Produktion dieser Hormone zu tun. Jede Lupus-Therapie sollte immer anstreben, unter diese Schwelle zu kommen, um die langfristigen Nebenwirkungen zu minimieren. Das eigentliche Ziel ist heutzutage aber, in der Dauertherapie wo immer möglich ganz auf Kortison-Präparate verzichten zu können. Das setzt eine wirklich gute Therapie mit einem stabil beruhigten Krankheitsverlauf voraus. 

Häufige Nebenwirkungen der Glukokortikoide sind Wassereinlagerungen im Gewebe („Ödeme“, z. B. an den Unterschenkeln und Füßen) und eine Gewichtszunahme, die durch Heißhunger-Attacken noch verstärkt werden kann. Die Immunabwehr wird geschwächt, was zu einer erhöhten Anfälligkeit für Infekte führt. Oft kommt es auf Dauer zu einer Osteoporose (die Knochen werden porös) mit einem erhöhten Risiko für Knochenbrüche, die schlechter heilen. Die Haut kann dünn werden, es kann zu bleibenden Dehnungsstreifen oder einer Akne („Steroid-Akne“) kommen. Die Muskeln können schwächer werden und verschiedene Erkrankungen der Augen kommen häufiger vor. Schlafstörungen und unterschiedliche psychische Nebenwirkungen sind möglich.

Besonders gefürchtet sind aber die Auswirkungen von Kortison-Präparaten auf das „kardiovaskuläre Risiko“, das Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen. Dieses Risiko steigt über die Zeit erheblich, weil diese Medikamente gleich mehrere Faktoren beeinflussen, die eine Arteriosklerose beschleunigen, also eine „Verkalkung“ der Blutgefäße: Das Risiko für einen Diabetes mellitus („Zuckerkrankheit“) steigt und eine bereits bestehende Erkrankung kann sich verschlechtern. Außerdem kommt es zu einer Erhöhung der Cholesterinwerte (Blut-Fette) und oft zu einem Bluthochdruck. Diese drei Faktoren gelten neben dem Rauchen als die zentralen Risikofaktoren für eine frühzeitige „Gefäßverkalkung“. Die Folgen dieser Risikoerhöhung können z. B. Herzinfarkte und Schlaganfälle sein, und man weiß heute, dass dies bei einem lange bestehenden Lupus die wesentliche Ursache für Todesfälle ist und dass die dauerhafte Kortison-Gabe hier eine ganz zentrale Rolle spielt. 

Deshalb wird deine Ärzt*in dieses Risiko immer im Auge behalten und gemeinsam mit dir versuchen, möglichst wenig Kortison zu geben und es optimalerweise ganz abzusetzen. 

Werden Kortison-Präparate über längere Zeit (mehr als 3 Wochen) gegeben, sollten sie langsam ausgeschlichen werden (also schrittweise reduziert), weil der Körper als Reaktion auf das Medikament die körpereigene Produktion herunterreguliert hat. Ein schnelles Absetzen könnte einen neuen Krankheitsschub auslösen.

Bitte lies die Packungsbeilage deiner Medikamente für eine vollständige Auflistung der bekannten Nebenwirkungen und Warnhinweise und frage deine Ärzt*in.

Die Deutsche Gesellschaft für Rheumatologie bietet für Patient*innen einen Informationsbogen zur Therapie mit Kortison an. Du findest ihn hier als PDF. 

Lupus-Website Icon Lupe
Aufgrund der erhöhten Infektanfälligkeit durch den Lupus selbst und die anderen Medikamente ist es wichtig, immer einen guten Impfstatus zu haben. Dabei sollen Lebend-Impfstoffe vermieden werden.

Um den Bedarf und die Dosis von Kortison-Präparaten so gering wie möglich zu halten, werden sie beim SLE kaum als einzige Medikamente gegeben, sondern in Kombination eingesetzt. Die meisten Patient*innen haben ein Antimalariamittel als Basistherapie und ggf. weitere Präparate.

DE-LPU-WCNT-210012, Mär23

Die LupusCheck-Expert*innen

Das LupusCheck Expertenteam

Dr. med. Johanna Mucke
Oberärztin,
Universitätsklinikum Düsseldorf

Das LupusCheck Expertenteam

PD Dr. med. Johannes Knitza
Oberarzt,
Universitätsklinikum Gießen & Marburg

Das LupusCheck Expertenteam

Dr. Carolin Tillmann
Institut für Erziehungswissenschaft
Arbeitsbereich Sozial- und
Rehabilitationspädagogik,
Philipps-Universität Marburg

Das LupusCheck Expertenteam

PD Dr. med. Martin Krusche
Oberarzt,
Universitätsklinikum 
Hamburg-Eppendorf
 

Das LupusCheck Expertenteam

Prof. Dr. med. Julia Weinmann-Menke
Leiterin des Schwerpunkts Nephrologie
und Nierentransplantation,
Johannes Gutenberg-Universität Mainz